Blickwinkel

Liebe Munichs Working Mom,

heute habe ich deinen neuesten Blogpost gelesen. Du schreibst dir den Frust vom Herzen über die immer wiederkehrende vermeintliche Unmöglichkeit der Vereinbarkeit. Auslöser war in diesem Fall dieser Artikel in der Süddeutschen Zeitung über die „schrecklich perfekten Frauen“ von heute, die überall 100% geben wollen, sich selbst gegenüber viel zu streng sind und sich so über kurz oder lang Richtung Burn-Out manövrieren.
Ich fand das total interessant. Ich selber hatte den Artikel in der Süddeutschen nämlich auch gelesen – und mich darin wiedergefunden!

Ich kenne dich ja jetzt schon eine ganze Weile – im realen Leben. Und bewundere sehr viel an dir! Wie du mit beiden Beinen im Berufsleben stehst, dir deinen Weg nicht vorschreiben oder verstellen lässt, für deine Ziele kämpfst und ein „geht nicht“ für dich nur mehr Ansporn bedeutet. Stillstand ist ein Fremdwort für dich, in jeder Hinsicht. Du suchst immer wieder nach neuen beruflichen Wegen und Zielen, flitzt mit deinen Kindern über die Skipisten oder Mountainbike-Strecken, und wenn die 3 abends im Bett sind bist du politisch aktiv oder bloggst. Du scheinst eine schier unerschöpfliche Energie zu haben. Auch wenn ich natürlich weiß, dass das nicht immer stimmt. Aber für die Dinge, die dir am Herzen liegen brennst du, und das gibt dir die nötige Energie. Ich finde, auch das fällt unter „Vereinbarkeit“ – seine Recourcen gezielt für die Dinge einzusetzen, die einem am wichtigsten sind.

Aber – und hier komme ich wieder zum SZ-Artikel – das kann nicht jede(r)! Ich bin eine von diesen „schrecklich perfekten Frauen“, beziehungsweise erwische ich mich immer wieder dabei, wie ich versuche, eine zu sein. Hier habe ich ja schon einmal darüber geschrieben. Ich möchte an allen Fronten perfekt sein, erfolgreich im Job, entspannt mit den Kindern, blitzblank im Haushalt, beliebt bei Mitmenschen, gesellig mit Freunden, aufmerksam mit dem Ehemann… Das kann nicht gutgehen – ich musste das schon schmerzhaft erleben. Ich bewundere deine Fähigkeit, deine Energien gezielt und gemünzt auf deine Strategie der Vereinbarkeit zu verteilen. Mir fällt das schwer.
Und die Tatsache, dass ich das weiß, macht es leider nicht immer leichter. Ein Problem zu erkennen ist gut – es zu lösen eine ganz andere Hürde.

Daher empfinde ich solche Artikel wie den in der SZ oft sogar positiv. Als kleinen Reminder an mich, wenn ich im Alltag wieder in die Perfektionismus-Falle zu tappen drohe. Das heißt nicht, dass ich den Artikel komplett und pauschal unterschreiben möchte. Aber ich ziehe die Inhalte heraus, die für mich relevant sind. Und die anderen, für mich nicht zutreffenden Teile hake ich ab und vergesse sie schnell wieder.
Alles, was uns im Alltag begegnet – sei es nun gelesen, gehört oder gesehen – ist doch immer auch subjektiv. Wir sind alle Individuen und nehmen eben vieles anders wahr. Das zeigt unsere völlig unterschiedliche Reaktion auf diesen Artikel besonders gut finde ich.

Aber weißt du was, liebe Munichs Working Mom? Ich finde das prima! Unterschiedliche Wahrnehmungen empfinde ich keinesfalls als schwierig, sondern im Gegenteil oft sogar als bereichernd. Andere Blickwinkel können Horizonte erweitern und manchmal sogar helfen, wenn man sich zu sehr in ein Problem verstrickt hat.
Mit deiner Art hast du mich schon oft inspiriert und ermutigt. Dafür möchte ich dir danken! Und vielleicht hilft dir meine Sichtweise ja, nicht zu hart mit solchen Artikeln ins Gericht zu gehen. Denn sie treffen auch oft einen Kern – vielleicht nicht deinen und sicher keinen pauschalen, aber doch irgendeinen.

Alles Liebe, Mamamania

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Source: Mamamania