Große Erwartungen

Wenn man noch keine Kinder hat, aber welche in Planung sind, stellt man sich das Leben mit den kleinen Wesen meist einfach nur schön vor. Klar, am Anfang wird man nicht viel Schlaf bekommen und auch manche Sorge oder Wehwehchen wegtrösten müssen, aber der Blick darauf ist meist durch eine dicke, fette rosarote Brille gefiltert. Fakt ist, wenn man noch keine Kinder hat, hat man keinerlei Vorstellung davon, wie das wirklich ist!

Auch ich hatte so meine Vorstellung vom Leben mit meinen Kindern und beim Anblick anderer Eltern so manche besserwisserischen Weisheiten im Kopf. Das trotzende Kleinkind mit Süßigkeiten bestechen? Das Gemüse-verweigernde Kindergartenkind damit durchkommen lassen? Nein, das würde es bei mir nicht geben. Stattdessen malte ich mir aus, wie schön es wäre, das erste „Mama“ aus dem Mund meiner Kinder zu hören, fröhlich lachende Umarmungen beim Abholen von der KiTa, trotzende schmollmündige Kleinkinder spielerisch und mit Leichtigkeit zum Zähneputzen oder Anziehen zu bewegen (natürlich die Anziehsachen, die mir gefallen) und vieles mehr. Natürlich gibt es diese Momente auch. Manchmal. Aber es gibt eben auch die anderen. Das Wort „Mama“ aus Kindermündern kann durchaus klingen wir die schönste Musik. Aber das andauernde, Aufmerksamkeit verlangende, 100-fache MAMA!!! tagtäglich kann eben auch alles andere als musikalisch klingen. Eher wie ein Wecker am Montagmorgen. Oder wie ein Presslufthammer. Oder eine hängende Schallplatte.

Das Abholen im Kindergarten geht tatsächlich manchmal mit fröhlichen Umarmungen einher. So 2-3 mal im Monat. An den anderen Tagen ist mindestens eins der Mädchen schlecht gelaunt, will nicht aufräumen oder sich anziehen, hat keine Lust nach Hause zu gehen oder hat den neuen Haarreif verloren, den ich dann natürlich unbedingt finden muss. Vor allem wenn wir es eilig haben, um zum Turnen oder einem anderen Termin pünktlich zu kommen ist dies eine nervliche Zerreißprobe.

Und das trotzende Lausdirndl spielerisch und mit Leichtigkeit von etwas überzeugen zu wollen ist schier unmöglich. Manchmal hilft es, wenn ich mich vor aller Welt komplett zum Depp mache und ihre Gummistiefel/Jacke/Zahnbürste in piepsiger Stimme sprechen lasse oder die oben erwähnten Süßigkeiten als Bestechungsmittel einsetze. Ja, so viel zu meinen prä-mütterlichen besserwisserischen Ideen. Auch ich habe eine sehr schlechte Esserin daheim und musste im Laufe der Jahre (ja, Jahre!) einsehen, dass sie sehr wohl damit durchkommen. Denn man kann ein Kind schließlich nicht zwingen, Tomatensoße, Gemüse oder Vollkornbrot zu essen.

Und was das Anziehen betrifft: wer meinen Blog oder meine Mamamania-Facebook-Seite länger verfolgt hat, kennt ja den eigensinnigen Kleidergeschmack der Mädels. Vor allem das Lausdirndl ist hinsichtlich ihrer Kleidung absolut beratungsresistent. Sie zieht nur noch Röcke und Kleider an, dazu möglichst die kitschigsten Shirts (die farblich meist so gut dazu passen wie Vanillesoße zu Fisch) und dazu dann Gummistiefel oder – wie heute Morgen erst – FlipFlops über die Strumpfhose. Dabei haben wir wirklich schöne Kleidung – coole Jeans und Shirts die ich – wider besseren Wissens – manchmal trotzdem kaufe und die dann ungetragen im Schrank liegen.
Oder – ganz aktuelles Beispiel aus unserem Alltag – der nagelneue Schulranzen der Traumtänzerin. Auch ich hatte mich total auf den Kauf gefreut und im Laden wirklich schöne Modelle bewundert. Heimgegangen sind wir dann mit einem lilafarbenen Exemplar mit Pegasus-Motiv. :-/

Die Zauberformel hier heißt: Erwartungen über Bord werfen. Klingt einfach. Ist es aber nicht – zumindest nicht für mich. Ich bin ein extremer Planungsmensch und mache mir im Vorfeld sehr viele Gedanken. Gemixt mit meinem Perfektionismus und meinen hohen Ansprüchen an mich als Mutter und oft auch an mein Umfeld ergibt dies eine große, stabile Mauer, über die man die gesetzten Erwartungen nicht so leicht werfen kann. Aber ich übe. Und wenn ich es tatsächlich mal schaffe, ist das wirklich hilfreich! Wenn ich nicht erwarte, dass die Kinder vor 20 Uhr im friedlich schlummern oder fröhlich aus dem Kindergarten kommen oder – um beim Beispiel zu bleiben – bestimmte Klamotten anziehen, kann es mich eben auch nicht frustrieren, wenn es anders kommt. Und das tut es. Das ist eins der wenigen Gesetze im Leben mit Kindern: es kommt anders. Und: das Verhalten von Kindern ist nicht planbar.

Naja, ich habe ja noch ein paar Jahre zum Üben, meine Erwartungen runterzuschrauben. Dann können mich vielleicht später auch eventuelle Gothic-Phasen, Punkfrisuren, heimlich gestochene Piercings oder schräge erste Freunde nicht umhauen. Wir werden sehen.
😉

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