Mit Kinderaugen

KiGa_Weg

Freitags bringe ich das Lausdirndl in den Kindergarten. Sonst macht das immer Papa, weil ich um die Uhrzeit schon im Büro sitze. Aber freitags habe ich frei und darum genieße ich es ganz besonders, in Ruhe mit meiner Jüngsten ohne Zeitdruck und wann immer möglich zu Fuß zu gehen. So auch heute.

„Mama, sieh mal, eine Schnecke!“

„Hm, ja stimmt.“

„Und da, eine Mini-Baby-Schnecke“

„Oh ja, sehr niedlich.“

„Und guck mal hier, ein Spinnennetz!“

„Toll.“

„Und da, noch ein Spinnennetz!“

„Hmja.“

„Bäh, da ist Schneckenkaka!“

Zu diesem Zeitpunkt sind wir etwa 10m weit von unserer Haustür gekommen.

„Mama, da oben, die Schnecke, gibst du mir die mal? Ich will sie mitnehmen!“

„Aber Süße, ihr habt doch tausende Schnecken im KiGa-Garten.“ Versuche ich das Lausdirndl zum Weitergehen zu bewegen.

„Ja, aber da haben wir nur Babyschnecken! Keine großen. Und wir wollen den Babyschnecken was Gutes tun und ihnen Mamas bringen.“ erklärt mir meine Tochter.

„Das ist sehr lieb mein Schatz, aber die Schnecken die hier wohnen sind doch bestimmt nicht die Mamas von den KiGa-Schneckenbabys, oder?“

„Doch! Ich hab schon mal im Kindergarten eine blonde Babyschnecke gesehen und woanders eine blonde Mamaschnecke!“ erwidert das Lausdirndl, und ich muss mir auf die Lippe beißen um nicht zu lachen, denn das Bild einer Schnecke mit langem blonden Zopf schießt mir in den Kopf.

„Ach so, naja, wenn das so ist…“ sage ich und wir gehen weiter.

Auf dem Rest des Weges entdecken und bewundern wir noch 17 weitere Schnecken, 2 Marienkäfer, 1 Raupe, 2 Tannenzapfen, einen Garten voller Pilze, knallrotes Herbstlaub, 1 Traktor, 1 zerborstene Fensterscheibe, 1 Katze, 1 plattgetretene Nacktschnecke (bäh!), 1 Eichelhut und nach 2 Minütiger Suche im wunderbar raschelnden Eichelblätterhaufen auch noch die Eichel zu dem Hut, sowie in der Sonne schimmernde, grüne Glitzerfolie (aka Kaugummipapier).

Und natürlich sind da auch noch die 14 Hühner und 3 Hähne, die jeden Morgen begrüßt werden müssen und zwar namentlich (denn seit kurzem hängen die „Steckbriefe“ des Federviehs an der Scheunenwand)

Wäre ich die Strecke allein gegangen, hätte ich vermutlich keins dieser Dinge wahrgenommen. Aber mit Kinderaugen wird aus einem schnöden Weg von A nach B eine regelrechte Entdeckertour. Dafür bin ich meinen beiden Kindern wirklich dankbar!

KiGa_Weg

PS: natürlich ist die Traumtänzerin auch eine leidenschaftliche Entdeckerin. Ihr könnt euch also vorstellen, wie ein Spaziergang mit beiden Kindern abläuft. Herrlich, oder? Natürlich nur, wenn wir nicht in Zeitdruck sind 😉

1 Kommentar

  1. Ganz bezaubernd 😀 Ich kenne diese Entdeckungen so gut. Manchmal nervt es mich, was sie alles sehen, wenn man einfach nur schnell von A nach B kommen will, aber meistens finde ich die Gedanken, die sie sich zu allem so machen, wirklich großartig!

    Ich hoffe sehr, die blonden Babyschnecken konnten von den blonden Mamaschnecken erfolgreich und liebevoll adoptiert werden! 😉