den Muttertag fandest du schon immer doof. Einen einzigen Tag im Jahr, an dem man „die Mutter ehrt“ – dieses aufgesetzte Konzept war nie deins. Dennoch nutze ich diesen Tag, um dir diese Worte zu schreiben. Tja – das Revoluzzer-Gen habe ich von dir

Erst seitdem ich selber Kinder habe, verstehe ich wirklich, was du als Mutter geleistet hast. Du bist so früh Mama geworden – mit 23 Jahren warst du plötzlich Zwillingsmama. Obwohl – so plötzlich war es ja gar nicht. 2 Monate hattest du schon im Krankenhaus gelegen, damit meine Schwester und ich überleben. Und als wir dann 6 Wochen zu früh und viel zu klein wie durch ein Wunder spontan und gesund geboren wurden, warst du Mama.

Keine zwei Jahre später warst du alleinerziehend, alleinversorgend, alleinverdienend. 3 Jahre lang musstest du dich alleine mit 2 Kleinkindern durchschlagen, bevor du endlich diesen wunderbaren Mann kennengelernt hast, der gleich 3 Menschen geheiratet hat und uns wie selbstverständlich der Vater war, den wir bis dahin praktisch nicht hatten.
Ich weiß, dass du in dieser Zeit, in der du allein warst, oft an deine Grenzen gelangt bist und darüber hinaus. Aber weißt du – daran kann ich mich nicht erinnern. Nicht an Verzweiflung oder Tränen – obwohl es die gegeben haben muss.
Es sind ganz andere Dinge, die mir aus meiner Kindheit in Erinnerung geblieben sind: dass du manchmal ein Überraschungsei für uns auf den Esstisch gelegt hattest, wenn du erst nach uns von der Arbeit zu Hause sein konntest. Dass du an deinem Geburtstag lieber uns Rollschuhe geschenkt hast, als dir selber etwas zu kaufen. Die Albernheiten und verrückten Ideen die du hattest. Deine unkonventionelle Art. Wie dir eines Tages die Pfanne mit den Bratkartoffeln runterfiel und alle Kartoffeln auf dem (frisch geputzten) Fliesenboden landeten. Und was hast du gemacht? Ketchup und Mayonnaise drauf verteilt, jedem eine Gabel in die Hand gedrückt und wir haben ein Küchenbodenpicknick veranstaltet.

Überhaupt – dass du nicht alles so ernst genommen hast, viel Quatsch gemacht, viel gelacht – das hat sich mir eingeprägt. Wenn ich an meine Kindheit denke, denke ich immer zuerst daran. An das Lachen, das Toben, das Singen und die Albernheiten. Wie wir in New York im Restaurant grilled salad bestellten und als tatsächlich ein gegrillter halbierter Salatkopf vor uns auf dem Teller lag, lachten, bis die Tränen liefen und die Bäuche schmerzten. Wie wir auf langen Autofahrten immer gesungen haben. Oder dass wir – als eine von uns irgendwann die erste 6 vom Gymnasium nach Hause brachte, zur „Feier des Tages“ alle essen gegangen sind.

Deine Erziehung beruhte auf Ehrlichkeit und Vertrauen. Du hast uns die Wahrheit nie verdreht oder beschönigt dargestellt, sondern immer ehrlich – jedoch niemals schonungslos. Das hat mir von klein auf das Gefühl gegeben, ernst genommen zu werden. Und das Vertrauen und die Ehrlichkeit beruhte auf Gegenseitigkeit – wir konnten immer zu dir kommen und über alles mit dir reden.
Was dir auch immer wichtig war, uns – alle 3 – zu selbstbewussten und selbständigen Menschen zu erziehen. Weil du wusstest, wie es ist, alleine dazustehen und sein Leben managen zu müssen. Du hast uns Herausforderungen nicht abgenommen, aber uns dabei begleitet. Du hast uns beigebracht, dass Fehler nichts Schlimmes sind. Und uns immer wieder spüren lassen, dass wir gut sind, wie wir sind. Nicht den Ansprüchen anderer genügen müssen, sondern uns selber lieben.

Man hört immer wieder, dass Eltern in der Erziehung alles anders machen wollen als sie es als Kinder erlebt haben. Für mich gilt das nicht. Natürlich gibt es Dinge, die ich anders mache – aber es gibt auch so viel, was ich von dir lernen konnte und was ich heute – wo ich selber Mama bin – versuche, meinen Kindern zu vermitteln und vorzuleben. Die Leichtigkeit, das positive Denken und nicht alles zu ernst zu nehmen. Vertrauen und Ehrlichkeit. Selbständigkeit und Selbstbewusstsein.
Und bedingungslose Liebe.

Danke, Mama!

Deine Cynthia

Kommentare

Source: Mamamania