S-Bahn-Fahrt des Grauens

Vor einiger Zeit habe ich mit meinen Mädels die Großeltern besucht. Beide wollten UNBEDINGT mit der S-Bahn fahren. Na gut, ich ließ mich breitschlagen, die Strecke, für die ich mit dem Auto 50 Minuten benötige, nun doppelt so lange mit der S-Bahn zurückzulegen…
Die Hinfahrt verlief friedlich und gut. Es war ja auch alles noch aufregend. Meine Töchter verbrachten die komplette Fahrt mit den Nasen an der Fensterscheibe und kommentierten fröhlich und aufgeregt einfach ALLES, was sie sahen.
Nach einem schönen Nachmittag mit Oma und Opa machte ich mich dann am frühen Abend mit reichlich Gepäck, Proviant und müden Mädels auf die Heimfahrt.
Auf einmal war es nur noch halb so interessant, aus dem Fenster zu sehen. Viel lustiger war es doch, durch die ruckelige S-Bahn von vorne nach hinten und wieder zurück zu rennen. Als die S-Bahn jedoch voller und die Abstände zwischen den Haltestellen kürzer wurden, wollte ich die Mädels lieber wieder auf die Sitze zurücklocken, traute ich doch aus Erfahrung dem Lausdirndl zu, spontan an einer Haltestelle auszusteigen oder schlimmeres. Das Lausdirndl war natürlich komplett anderer Meinung. Während die Traumtänzerin nun brav auf unseren Sitzen blieb, verbrachte ich die nächsten 5 Minuten damit, meiner Jüngsten hinterher zu rennen, um sie einzufangen. Als ich schlussendlich genug hatte und sie mir über die Schulter warf und auf den Platz mitnahm, erfreuten sich geschätzte 78 Leute in der S-Bahn an einem Wutanfall Marke Lausdirndl Deluxe. Die halbe Stammstrecke und mitten in der Rush-Hour brüllte meine Tochter lauthals und ließ sich wie immer erst mal durch nichts beruhigen. Während die einen Fahrgäste die Hälse reckten, um zu sehen, was mit dem “armen” Kind los sei, drehten die anderen leicht genervt die Lautstärke an ihren iPods hoch. Einige Frauen (vermutlich ebenfalls Trotzkopf-geplagte Mütter) lächelten mir verständnisvoll zu. Ich versuchte, die vielen Augenpaare, die auf uns gerichtet waren zu ignorieren und möglichst gelassen zu bleiben – kein leichtes Unterfangen.
Als sie sich nach geschlagenen 10 Minuten endlich beruhigt hatte und auf meinem Schoß kuschelte, plumpste die Traumtänzerin, die auf ihrem Sitz gestanden hatte nach einem plötzlichen S-Bahn-Ruckler auf den Boden. Also zog ich auch das zweite weinende Kind auf meinen Schoß, was wiederum das Lausdirndl zu eifersüchtigem Geschubse und Geschiebe veranlasste.
Als wir endlich am heimatlichen Bahnhof ankamen, war ich fix und fertig. Dummerweise hatte ich mein Auto ein gutes Stück entfernt parken müssen. Kaum hatten wir die halbe Strecke Richtung Auto zurückgelegt, verkündete die Traumtänzerin, dass sie mal musste und keinesfalls bis zu Hause einhalten könne. Ich sah mich um. Überall Bürgersteig und Wohnhäuser. Also Kompanie zurück zum Bahnhof, wo es wenigstens die Andeutung eines kleinen Gebüsches gab, hinter das wir mal kurz verschwinden konnten. Aber siehe da, als wir dort ankamen meinte die Traumtänzerin, sie könne jetzt doch bis zu Hause warten!
Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, dass ich an diesem Abend besonders früh und erschöpft ins Bett fiel, um in einen tiefen Schlaf zu sinken. Und als hätte ich für diesen Tag noch nicht genug davon gehabt, träumte ich – vom S-Bahn fahren! :roll:

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