Gelassenheit

Gelassenheit

In meinen ersten Jahren als Mama gab es oft Momente, in denen ich frustriert, unzufrieden und einfach nur fix und fertig war. Dieses fremdbestimmte Leben in dem ich mit meinen Bedürfnissen immer mehr in den Hintergrund rückte fiel mir nicht leicht. Vor allem nachdem das Lausdirndl geboren wurde und mein Leben nunmehr von 2 kleinen Menschen gesteuert wurde, geriet ich immer öfter an die Grenze meiner Kräfte. Dazu der Haushalt – mit 2 Kleinkindern geprägt von mannshohen Wäschebergen und Allover-Krümelflatrate – der mir schier über den Kopf zu wachsen schien und ein Teilzeitjob, dem ich natürlich auch gerecht werden wollte.

Es dauerte eine Weile und brauchte auch ein wenig Hilfe von außen, aber irgendwann begriff ich, dass nicht meine Kinder oder der Haushalt der Ursprung meines Problems waren, sondern ich ganz allein. Bzw. meine Anforderungen an mich als Mutter und Hausfrau.
Ich war schon immer ein sehr organisierter und perfektionistischer Mensch. Ich hatte stets genaue Vorstellungen, wie was zu laufen hatte und das wurde geplant und durchdacht und in meinem Tempo straff durchgezogen.
Ich lebte damit mehr oder weniger gut – bis meine Kinder kamen. Denn Kinder und ihre Verhaltensweisen lassen sich nunmal nicht planen (zum Glück!)
Ich kam damit anfangs sehr schlecht zurecht, denn ein festgefahrenes Muster kann man nicht so leicht lösen, zumal der erste Schritt bedeutet, dieses Problem überhaupt erst mal zu erkennen!

Es ging mir immer schlechter, ich bekam Angstanfälle, träumte sehr schlecht, bekam oft schwer Luft, brach bei der geringsten Kleinigkeit in Tränen aus und war überhaupt nicht mehr ich selbst. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich nach Kind 2 noch nicht einmal wieder zu Arbeiten angefangen. Das war der Punkt, an dem ich mir Hilfe suchte.
In der folgenden Zeit erkannte ich, dass ich selber das Problem war, bzw. die extrem hohen Vorstellungen und Anforderungen die ich an mich stellte. Ich wollte – bildlich gesprochen – eine eierlegende Wollmilchsau sein. Eine liebende, geduldige Mutter mit blitzblankem Haushalt, strahlendem Äußeren, fürsorgende Ehefrau, geschätzte Kollegin, Freundin, Schwester und Tochter. Hmmmm hatte ich etwas vergessen? Genau! Mich selber!

In dieser Zeit entdeckte ich auch Yoga für mich. Es bietet mir eine hervorragende Möglichkeit, wieder zu mir zu kommen, mich selber wahrzunehmen und zur Ruhe zu kommen. Und auch buddhistische Bücher über Lebensführung las ich in dieser Zeit ein paar und fand darin so viel Hilfreiches für mein Leben! Einer meiner Lieblingssprüche ist das Gelassenheitsgebet:

Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

Wir verschwenden oft so viel kostbare Energie beim Kampf gegen Windmühlen. Ein Beispiel: Wenn der Zug, mit dem ich fahren möchte, 1 Stunde Verspätung hat, kann ich mich natürlich darüber aufregen. Nur ändert das nichts – der Zug kommt dadurch trotzdem nicht schneller. Das einzige, was mein Ärger bewirkt ist dass es mir schlecht geht und mir Energie raubt.

Oder andersherum: wenn ich unglücklich bin in meinem Job, der Kollege mich mobbt oder der Chef mich übergeht. Ich kann mich davon innerlich auffressen lassen – oder ich kündige. Das ist natürlich sehr salopp gesagt – aber das ist eine Situation, die ich ändern kann (was selbstverständlich Mut erfordert). Aber auch hier bringt das energieraubende Aufregen nichts außer dass es mir schlecht geht.

Man sollte sich im Alltag also immer wieder fragen: kann ich die Situation ändern oder nicht? Das ist nicht immer leicht – daher die Weisheit im Gelassenheitsgebet.

Das lässt sich auf so viele Situationen im Leben anwenden! Um beim Thema Kinder zu bleiben:
Die 3-jährige macht 3x täglich in die Hose? Der 6-jährige ist ein „schlechter Esser“? Die 5-jährige kommt jede Nacht ins Elternbett? Der 2,5-jährige ist täglich ab 17 Uhr furchtbar knatschig und nur mit Schnuller zu beruhigen? Nimm es an! Es ist wie es ist.

Ich habe so oft mit Situationen gehadert, die nicht so liefen, wie ich sie mir gewünscht hatte. Das Essverhalten der Traumtänzerin, der starke Wille und damit die Wutanfälle vom Lausdirndl, Magen-Darm-Viren zu den ungünstigsten Zeitpunkten und vieles, vieles mehr. Geändert habe ich mit meinem Hadern nichts – mir ging es nur noch schlechter.

Mittlerweile geht es mir so viel besser. Das Bewusstmachen und die Erinnerung an den gelassenen Umgang damit hilft mir enorm. Ich kann Situationen annehmen oder Vorstellungen loslassen. Das sind auch so Schlüsselwörter für mich geworden – Annehmen und Loslassen. Schlüssel zu meiner Gelassenheit.

Ich will nicht behaupten, dass das leicht ist. Ich habe einige Zeit, Übung und einen Zusammenbruch gebraucht um diesen Weg zu finden. Und ich bin selbstverständlich nicht immer die zenmäßige Ruhe in Person. Ich rege mich auch mal auf oder werde gestresst oder laut. Aber ich finde jetzt viel schneller und sicherer aus diesen Energiefallen raus. Und dafür bin ich unendlich dankbar!

Gelassenheit

3 Kommentare

  1. Wunderschön! Du sprichst mir aus der Seele!!! Ich bin auch gerade dabei, mich von dem eierlegenden Wollmilch-Ich zu verabschieden, ist nicht immer leicht. Aber Du hast Recht, es hilft ja nix. Der Kleine ist gerade nachmittags nach der Kita so k.o., dass er nur heult und unausstehlich ist. Ich komme dann zu nichts, er hängt nur an meinem Bein und schreit, sobald ich mich weg bewege. Habe mich tagelang darüber aufgeregt und damit alles nur noch schlimmer gemacht. Vor ein paar Tagen habe ich mir dann gedacht, ich setz mich jetzt mit ihm auf die Couch und siehe da, er kuschelte sich an mich und war entspannt und ruhig. Und ich dann auch. Dann mach ich halt alles, was ich noch machen muss später oder gar nicht oder ist auch egal. 😉

    Danke, dass Du das mit uns geteilt hast!

    Liebe Grüße,
    Marisa

  2. Ja, man kann nicht immer perfekt sein! Und das muss man auch nicht, aber mir fällt es auch sehr schwer, das so zu sehen. Doch je älter ich werde, um so gelassener werde ich … und um so mehr denke ich auch an mich, daran, dass es mir gut geht.

  3. Danke für diesen Beitrag. Endlich jemand, der offen zugibt, wie sehr man sich als Mutter heutzutage manchmal zwischen seinen Aufgaben zerreibt. Schön, dass Du einen Weg zu mehr Gelassenheit gefunden hast. Mir hat Yoga übrigens auch sehr geholfen. Dir alles Gute!