Pausetaste

pause

Es ist 9 Uhr. Das Nesthäkchen ist im Stubenwagen eingeschlafen und ich unterdrücke den Impuls, augenblicklich auf Speedmodus umzuschalten, vom Wäschekorb zur Waschmaschine zu flitzen, den Frühstückstisch gründlich abzuputzen oder den Staubsauger aus dem Keller zu holen. Stattdessen mache ich mir noch einen Kaffee – die dritte Tasse an diesem verschneiten, sonnigen und doch sehr nachdenklich stimmenden Morgen. Ich überlege kurz, ein paar Seiten in meinem Krimi weiter zu lesen, entscheide mich dann aber um. Ich nehme mir 2 Schokoriegel und setze mich an den Esstisch und denke nach. Darüber, warum wir Mütter (ich könnte auch schreiben Frauen oder Menschen, aber ich habe den Eindruck, dieses Phänomen ist gerade bei Müttern sehr ausgeprägt) immer meinen, wir müssten jede freie Minute nutzen – nicht für uns, sondern für etwas „richtiges, effektives“. Warum wir immer auf Hochtouren laufen und uns keine Pausen gönnen oder nur mit schlechtem Gewissen. Okay, es gibt Tage, an denen kranke Kinder oder schubende Babies uns so sehr vereinnahmen, dass wir diese kurzen Atempausen tatsächlich nutzen müssen, um wenigstens die Zähne geputzt zu bekommen oder etwas zum Essen zu machen. Aber ich rede von den anderen Tagen, den normalen, dem Alltag. Auch mir fällt das noch schwer. Als die beiden Großen noch klein waren, war es besonders extrem. Ich wollte überall 100% geben mit dem Ergebnis, dass ich mich damit an den Rande des Burnouts brachte. Also lernte ich, zu entschleunigen, loszulassen, nicht so streng mit mir zu sein und mich auch um mich selber gut zu kümmern. Das dauerte seine Zeit und manchmal kommt immer noch der Gedanke „du bist faul“ hoch, wenn ich einfach mal 1 Stunde lese oder fernsehe, wenn das Nesthäkchen schläft. Und auch als ich beginne, diesen Artikel zu schreiben, zu bloggen – ein Hobby zu meinem Vergnügen und nichts „sinnvolles“ – zucken immer wieder kurze Gedankenblitze durch meinen Kopf. „Du musst dich noch schminken, in 1 Stunde musst du los zur U4 mit dem Babymädchen“. „Oben liegt die zur Hälfte zusammengelegte Wäsche rum. Und die Betten der Kinder sind auch noch nicht gemacht!“ „Der Frühstückstisch ist noch krümelig und klebrig!“ Aber ich schaffe es, den Impuls zu unterdrücken, aufzuspringen und all das zu erledigen. Mir bewusst zu machen, dass ich das auch später noch tun kann. Die Pausetaste zu drücken. Ein heißer Kaffee, Schokolade und bloggen – das wollte ich und das würde ich jetzt auch machen. Zwischendurch schaue ich immer wieder aus dem Fenster in den Garten, wo die Sonne den Schnee auf Büschen und Bäumen wärmt sodass er in stetigen dicken Klumpen auf den Boden fällt. Das sieht schön aus, fast so, als würde es erneut schneien. Mir wird dabei ganz warm und ruhig zumute – Entschleunigung pur. Und ich merke mal wieder, wie gut mir das tut und wie wichtig das ist, um nicht in der Hektik und den nie enden wollenden Aufgaben des Alltags unterzugehen. Um Atem zu schöpfen zwischen dem Trubel am Schulmorgen und den wartenden Wäschekörben, anstehenden Terminen und heimkehrenden Schulkindern. Denn eins ist sicher: die laufen mir nicht weg. Aber sie können eben auch mal eine Weile warten!

4 Kommentare

  1. Vielen Dank für diese Erinnerung, bevor es zu spät ist.
    Ab und zu gelingt mir das auch, aber es geht eben auch schnell im Alltag unter.

  2. Die Pausentaste versteckt sich viel zu oft. Ab und an gönne ich mir aber mal ein kleines Stück Torte mit einer heißen Schokolade und ziehe mich ganz „egoistisch“ 10 min zurück. Das muss auch mal sein :)

    LG
    Jani

  3. Ein wundervoller Blog. Ich habe deinen Blog über Instagram entdeckt und finde deine Schreibweise einfach großartig!
    Ich folge einigen Blogs, aber dein lebendiger Stil zu schreiben fesselt beim lesen und ich freue mich auf jeden neuen Beitrag.