Grenzerfahrungen

Es ist DAS große Wort der Kindererziehung, das “magische K”, das der Schlüssel zu glücklichen und lieben Kindern zu sein verspricht – Konsequenz. “Kinder brauchen Grenzen” tönt es aus diversen Ratgeberbüchern und Pädagogenmündern. Versteht mich nicht falsch, ich bin völlig derselben Meinung! Aber wie schwer es ist, sich gegen raffiniert schmeichelnde Traumtänzerinnen oder wutschreiende und unfassbar ausdauernde Lausdirndl zu behaupten, das verrät einem keiner.
Es gibt Situationen, da fällt es mir leicht, konsequent zu sein. Dass das Lausdirndl mit ihren zweieinhalb Jahren nicht allein auf die Straße darf oder die Traumtänzerin abends keine Süßigkeiten mehr bekommt steht völlig außer Zweifel. Komischerweise gibt es über solcherlei Dinge auch keine Diskussionen seitens der Kinder. Spüren sie jedoch einen feinen Riss im Mauerwerk der Überzeugung, und sei er noch so klein, setzen sie genau da ihre Werkzeuge an. Ob das nun Schmeicheleien, Bitten, Quengeleien oder Trotzanfälle sind, ist von Kind zu Kind verschieden. Lediglich eins haben sie alle gemeinsam: eine verblüffende Ausdauer.
Auch Grenzen setzen ist eine hohe Kunst. Während die Traumtänzerin mit einer Argumentationsflut, die jeden Prozessanwalt vor Neid erblassen lassen dürfte, die gesteckten Grenzen wie ein Gummiband auszudehnen versucht, probiert es das Lausdirndl mit der Rammbock-Technnik: mit möglichst viel Kraft und Gebrüll gegen die Wand rennen.

Die Alles-Easy-Mama sieht das ganz locker: “du, der Justin-Pascal und die Shania-Kimberly wissen ganz von selbst, wo ihre Grenzen sind. Die erspüren das ganz instinktiv. Da stören Verbote und Regeln der Eltern die natürliche Entwicklung nur” rezitiert sie, während Shania-Kimberly, die bei frostigen Temperaturen im Sommerkleidchen und mit ungekämmten Haaren rumläuft heimlich das Nachbarskind haut und Justin-Pascal, der um kurz vor 18 Uhr gerade seinen 4. Schokoriegel in Folge mampft, einen Popel in die Haare eines Kleinkindes schmiert.
Mama Perfect zieht fragend eine sorgsam gezupfte Augenbraue hoch. “Diskussionen? Wutanfälle? So etwas gibt es bei uns nicht. Meine Kinder gehen – nachdem sie ihren Gemüseauflauf restlos aufgegessen haben – brav zum Zähneputzen und freiwillig ins Bett!” Nee, ist klar. Ich würde so gerne mal Mäuschen spielen im vermeintlich perfekten Zuhause dieser Strebermütter. Welch Genugtuung wäre es zuzusehen, wie deren Kinder ihren Gemüseauflauf auf den Teller spucken oder als Munition für ihre Löffel-Katapulte zweckentfremden, wild auf dem Sofa rumhüpfen oder nach dem Zubettbringen noch 27mal wegen Pipi/Durst/Albträume/Fußweh/Streitigkeiten wieder aufstehen. Wie die makellose Frisur von Mama Perfect sich langsam in Wohlgefallen auflöst, die Gesichtszüge immer mehr entgleisen und die Nerven blank liegen. Allein die Vorstellung heitert mich schon immens auf!

Mein Mann und ich üben derweil Konsequenz. Gestern durften wir uns ein Fleißkärtchen ins imaginäre Elternheft einkleben – nachdem wir am vorhergehenden Abend vorbildlich konsequent geblieben sind, als das Lausdirndl immer wieder aufgestanden ist und Trinken/ Zudecken/ Papa-Hochtragen/ Gute-Nacht-Highfive/ “noch-nicht-schlafen” wollte.
Auch wenn es uns eineinhalb Stunden Geschrei und unzählige Nerven gekostet hat und wir hinterher fix und fertig waren – wir haben gewonnen! Und – oh Wunder – gestern ist das Lausdirndl anstandslos in ihr Bett marschiert und es war kein Mucks mehr zu hören. 😀
Scheint was dran zu sein, am magischen “K”…

Vom Suchen und Finden

„Mama, wo ist mein rosa Filly mit der goldenen Krone???“ „Wo ist mein Ssnuller???“ „Schahatz? Hast du mein Handy gesehen?“

Solche Sätze kennt wohl jede Mama. Als hätten wir Mütter ein integriertes Schnuller-Filly-Handy-Wasauchimmer-Ortungssystem. Das interessante bei der Sache ist, dass ich tatsächlich die meisten Dinge auf Anhieb finde. Das Handy fische ich aus der Küchenschublade, während ich mit der anderen Hand das Kindergarten-Pausenbrot der Traumtänzerin schmiere. Das rosa Filly-Pferd schnappe ich mir auf dem Weg zwischen Zahnputzbechern und Schuhschrank aus der Schlüsselschale, wo es am Vorabend liebevoll von der Traumtänzerin zum Schlafen hingelegt wurde. Und Schnuller kann man bei uns im Haus praktisch überall finden. Das Lausdirndl agiert in dieser Beziehung wie ein Eichhörnchen kurz vorm Winter – Schnuller werden einfach überall im Haus verteilt. Wobei es bei ihr weniger mit Vorsorge als eher mit Schlampigkeit zu tun hat. Wenn sie ihren geliebten Schnuller endlich mal rausnimmt, lässt sie ihn genau da fallen, wo sie gerade steht – auf dem Küchenfußboden, im Sandkasten, im Bad – wo ich mit einem schnellen Handkantenschlag gerade noch verhindern kann, dass er im Klo versinkt. Irgendwie und irgendwo tauchen sie dann alle wieder auf. So ist es schon vorgekommen, dass ich in der Arbeit – zum Glück NACH einem wichtigen Meeting – in meine Blazertasche gegriffen habe und einen rosa Schnuller in der Hand hielt, die Haustür vergeblich mit einem aus der Handtasche gefischten Gumminuckel aufzuschließen versuchte oder beim Wechsel der Klopapierrolle (Gott bewahre, dass mal einer derjenigen, die das letzte Fitzelchen Papier von der Rolle geklaubt haben diese Aufgabe übernehmen würden – aber das ist ein anderes Thema!) im Loch der neuen Rolle einen der geliebten Schnutenstöpsel vorfand.
Allerdings versagt dieses sensationelle Ortungssystem komplett, wenn es um meine eigenen Sachen geht. So habe ich beispielsweise gefühlte Stunden damit verbracht, meine gesamte Küche auf der Suche nach meinem Zestenreißer auf den Kopf zu stellen. (Wer jetzt nicht weiß, was ein Zestenreißer ist: google findet dazu „Ungefähr 47.200 Ergebnisse“ 😉 ) Über Wochen und Monate habe ich kopfschüttelnd immer wieder neue Versuche unternommen, meinen kleinen Küchenhelfer zu finden – ohne Erfolg. Bis ich ihn vor kurzem ganz zufällig – auf der Suche nach etwas völlig anderem – in meinem Bücherregal zwischen Kerstin Gier und Sophie Kinsella entdeckte! Ich glaube nicht, dass ich erwähnen muss, wer ihn dort platziert hat…
Ich finde meine verlorengegangenen Gegenstände meist erst nach langer Suche und oft eher zufällig -– wie meine Schuhe im Kinderzimmer, wo sie zum Filly-Stall umfunktioniert wurden, meinen Lieblingsschal im Puppenbett, wo er als Bettdecke dient oder meine seit Tagen verzweifelt gesuchte ec-Karte in der Kinderküchen-Mikrowelle.
Auch meine Kinder sind großartige „Finder“ (wenn auch nicht derjenigen Sachen, die sie eigentlich suchen). So findet die Traumtänzerin mit schlafwandlerischer Sicherheit verlorene Naschereien, wie eine 3 Monate alte Salzbrezel unterm Autositz oder ein steinhartes Gummibärchen in der Kindergartentasche und befördert diese geradewegs in den Mund :-/
Das Lausdirndl ihrerseits hat sich aufs Auffinden leerer Schneckenhäuser spezialisiert, mit denen sie allerdings genau so verfährt, wie ihre große Schwester mit den Gummibärchen.

So trifft das altbekannte Sprichwort meistens tatsächlich zu:
Wer suchet, der findet. Wenn auch nicht immer das, was man erwartet!

S-Bahn-Fahrt des Grauens

Vor einiger Zeit habe ich mit meinen Mädels die Großeltern besucht. Beide wollten UNBEDINGT mit der S-Bahn fahren. Na gut, ich ließ mich breitschlagen, die Strecke, für die ich mit dem Auto 50 Minuten benötige, nun doppelt so lange mit der S-Bahn zurückzulegen…
Die Hinfahrt verlief friedlich und gut. Es war ja auch alles noch aufregend. Meine Töchter verbrachten die komplette Fahrt mit den Nasen an der Fensterscheibe und kommentierten fröhlich und aufgeregt einfach ALLES, was sie sahen.
Nach einem schönen Nachmittag mit Oma und Opa machte ich mich dann am frühen Abend mit reichlich Gepäck, Proviant und müden Mädels auf die Heimfahrt.
Auf einmal war es nur noch halb so interessant, aus dem Fenster zu sehen. Viel lustiger war es doch, durch die ruckelige S-Bahn von vorne nach hinten und wieder zurück zu rennen. Als die S-Bahn jedoch voller und die Abstände zwischen den Haltestellen kürzer wurden, wollte ich die Mädels lieber wieder auf die Sitze zurücklocken, traute ich doch aus Erfahrung dem Lausdirndl zu, spontan an einer Haltestelle auszusteigen oder schlimmeres. Das Lausdirndl war natürlich komplett anderer Meinung. Während die Traumtänzerin nun brav auf unseren Sitzen blieb, verbrachte ich die nächsten 5 Minuten damit, meiner Jüngsten hinterher zu rennen, um sie einzufangen. Als ich schlussendlich genug hatte und sie mir über die Schulter warf und auf den Platz mitnahm, erfreuten sich geschätzte 78 Leute in der S-Bahn an einem Wutanfall Marke Lausdirndl Deluxe. Die halbe Stammstrecke und mitten in der Rush-Hour brüllte meine Tochter lauthals und ließ sich wie immer erst mal durch nichts beruhigen. Während die einen Fahrgäste die Hälse reckten, um zu sehen, was mit dem “armen” Kind los sei, drehten die anderen leicht genervt die Lautstärke an ihren iPods hoch. Einige Frauen (vermutlich ebenfalls Trotzkopf-geplagte Mütter) lächelten mir verständnisvoll zu. Ich versuchte, die vielen Augenpaare, die auf uns gerichtet waren zu ignorieren und möglichst gelassen zu bleiben – kein leichtes Unterfangen.
Als sie sich nach geschlagenen 10 Minuten endlich beruhigt hatte und auf meinem Schoß kuschelte, plumpste die Traumtänzerin, die auf ihrem Sitz gestanden hatte nach einem plötzlichen S-Bahn-Ruckler auf den Boden. Also zog ich auch das zweite weinende Kind auf meinen Schoß, was wiederum das Lausdirndl zu eifersüchtigem Geschubse und Geschiebe veranlasste.
Als wir endlich am heimatlichen Bahnhof ankamen, war ich fix und fertig. Dummerweise hatte ich mein Auto ein gutes Stück entfernt parken müssen. Kaum hatten wir die halbe Strecke Richtung Auto zurückgelegt, verkündete die Traumtänzerin, dass sie mal musste und keinesfalls bis zu Hause einhalten könne. Ich sah mich um. Überall Bürgersteig und Wohnhäuser. Also Kompanie zurück zum Bahnhof, wo es wenigstens die Andeutung eines kleinen Gebüsches gab, hinter das wir mal kurz verschwinden konnten. Aber siehe da, als wir dort ankamen meinte die Traumtänzerin, sie könne jetzt doch bis zu Hause warten!
Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, dass ich an diesem Abend besonders früh und erschöpft ins Bett fiel, um in einen tiefen Schlaf zu sinken. Und als hätte ich für diesen Tag noch nicht genug davon gehabt, träumte ich – vom S-Bahn fahren! :roll:

Bauchgefühl

Als ich mit der Traumtänzerin schwanger war, wurde ich gefragt, welche Farbe ich mit ihr assoziieren würde. Meine Antwort: rosa. Nein, damit war nicht die Kleiderfrage gemeint! Im Gegenteil! Zig Kleidergeschäfte, Flohmärkte und unzählige Kilometer habe ich hinter mich gebracht, auf der Suche nach dem heiligen Gral: schöne Mädchenkleidung in nicht-rosa! Gerne rot, von mir aus lila, am liebsten blau – aber eben für Mädchen! Ein schier unmögliches Unterfangen. Überall leuchtete es schon von weitem in rosa oder pink, vermeintlich niedliche Kätzchen, Rüschen und Herzchen lachten mir entgegen und trieben mich gleich rückwärts wieder aus den Geschäften hinaus.
Nein, mit meiner Antwort “rosa” hatte ich ihren Charakter gemeint. Ich wusste schon damals, dass dieses Kind ein zartes Pflänzchen war, sensibel und verträumt. Zufall? Ich glaube nicht! Denn als sich das Lausdirndl ankündigte, war meine Antwort auf ebenjene Frage: rot! Dieses Kind hat einen starken Willen prophezeite ich! Wir brauchen einen frechen Namen, sagte ich zu meinem Mann. Und auch hier sollte ich recht behalten.
Noch in meinem Bauch wollte das Lausdirndl seinen Kopf durchsetzen – und so machte sie es sich dann auch richtig schön bequem – erhobenen Hauptes – im wahrsten Sinne des Wortes. BEL stand ab der 20. Schwangerschaftswoche in meinem Mutterpass – Beckenendlage (was auf gut deutsch bedeutet: Kopf oben, Po unten). Ach, die dreht sich schon noch versuchte man mich zu beruhigen. Ich glaubte nicht daran, was natürlich als typische, hormonbedingte Besorgtheit einer Schwangeren abgetan wurde.
So vergingen die Wochen ohne dass das Lausdirndl Anstalten machte, sich zu drehen. Weder Glöckchen, die ich mir in die Hosentasche steckte, noch das “beinahe-Abfackeln” meiner Zehen mittels Moxibustion, noch freundliches Zureden meinerseits konnten sie zum Umdrehen bewegen.
Na gut, dann versuchten wir es eben direkter. “Äußere Wendung” nennt sich der Versuch der Ärzte, das Baby von außen zu drehen und klingt harmloser als es ist. Ich wusste zwar vorher, dass es nicht helfen würde, aber ich wollte mir ja nicht vorwerfen lassen, nicht alles versucht zu haben. Natürlich behielt ich Recht – das Lausdirndl blieb, wo sie war.
Und so kam es, dass das Lausdirndl der Welt zuallererst ihren Allerwertesten präsentierte, denn beim Thema Kaiserschnitt setzte ich mich durch und mein Vetorecht ein. Aber womöglich war genau das ihre Absicht gewesen – wir werden es nie wissen.
Wie gut, dass wir einen frechen Namen ausgesucht haben, denn ihr starker Wille ist nach wie vor schier unüberwindbar. Wenn das Lausdirndl etwas nicht will, dann will sie nicht. Da hilft kein Bitten, Betteln, Schimpfen oder Tricksen – das ist eine Frage des Prinzips!
Mittagsschlaf? Pah! Den kompletten ersten Krippenmonat verweigerte das Lausdirndl die Schlummerstunde nach dem Essen. Durch schiere Willenskraft und notfalls durch Festhalten an den Gitterstäben, damit sie auch ja nicht aus Versehen umfiel und einschlief, blieb das Lausdirndl wach und brachte die Erzieherinnen zur Verzweiflung. Als sie dann nach einem Monat schließlich kapitulierte (zumindest aus Sicht der Erzieherinnen – da ich mein Kind kenne weiß ich, dass dies sicher kein Aufgeben war. Wahrscheinlich wurde ihr einfach zu langweilig als einziges waches Kind und so beschloss sie, dass sie ab sofort schlafen wollte!) gab es extra zu Ehren meiner Jüngsten eine neue Magnettafel “Hurra, das Lausdirndl hat geschlafen” mit einem Marienkäfer-Magneten für jeden Mittagsschlaf!
Ich bin froh, dass ich zwei so unterschiedliche Kinder habe! Mit zwei dickköpfigen Lausdirndln käme ich womöglich an meine Grenzen, mit zwei trödelnden Traumtänzerinnen dafür wahrscheinlich niemals irgendwo an.

Aber so ist mein Leben rosa-rot 😉

Von Kirtans, Kaffee-Entzug und ganz viel Om!

Vor einiger Zeit hatte ich es endlich geschafft, mir ein Wochenende frei zu nehmen, um mit einer Freundin – ebenfalls Mama – zum Yoga-Wochenende in den Bergen zu fahren. Mit Yogamatten, Jogginghosen und reichlich guter Laune im Gepäck ging es los. Bei strahlendem Sonnenschein kamen wir pünktlich am Freitag Nachmittag beim Biohotel/Yogazentrum an. Auf dem Parkplatz standen nicht etwa klapprige VW-Busse, die nur durch zahlreiche Atomkraft-Nein-Danke Aufkleber zusammengehalten wurden, sondern lauter „normale“ Autos, eigentlich sogar recht schicke. Das beruhigte mich, hatte ich doch erst kürzlich mit meiner Freundin „Sommer in Orange“ im Kino gesehen und somit die wildesten Vorurteile im Kopf. Aber so ganz daneben lag ich doch nicht…
Vor dem Eingang begrüßte uns ein komplett in orange gewandeter Mann! Swami Ananda (so sein spiritueller Name) war ein sympathischer Blondschopf umd die 40. Er erklärte uns, wo wir uns anmelden konnten und bat uns, die Häuser nur ohne Schuhe zu betreten. So weit, so gut, das ist bei uns daheim auch nicht anders.
Zwischen den vielen orangenen und weißen Gewändern, die es hier zu kaufen gab, sowie Räucherstäbchen, Yoga-Büchern und Meditationskissen fanden wir die Rezeption und bekamen – ganz weltlich – einen Anmeldebogen ausgehändigt.
Willkommen in unserem Ashram! stand da geschrieben. Und neben dem Feld „Name“ wurde nach unserem „spirituellen Namen“ gefragt. Ich musste mir ein Lachen verkneifen. Äääh, so weit war ich in meiner Yoga-Praxis bisher noch nicht gekommen. Aber – wir wurden beruhigt – wenn wir keinen spirituellen Namen haben, durften wir dieses Feld leer lassen. Meine Freundin fühlte sich allerdings bemüßigt, mich für den Rest des Wochenendes nur noch mit „Shakti“ anzusprechen, ich nannte sie im Gegenzug „Sashimi“.
Dann erfuhren wir die Regeln des Ashrams:
Alkohol, Zigaretten und Suchtmittel jeglicher Art (dazu zählte leider auch Kaffee!!!) waren verboten – nun, so weit war das keine große Überraschung. Auch Fleisch hat in der yogisch-vegetarischen Küche selbstredend nichts zu suchen. Aber dass auch Zwiebeln und Knoblauch tabu waren, war mir neu. Na gut, ich wertete es durchaus als Vorteil, wenn der Nachbar auf der Yogamatte nicht die damit verbundenen Ausdünstungen und Gase verströmte. Sowas kann ja bei diversen Yoga-Körper-Verknotungen durchaus peinlich werden.
Der Tagesplan (die Teilnahme wurde vorausgesetzt!) sah folgendermaßen aus:
6:00 – 7:30 Frühmeditation und Mantra-Singen
8:00 – 9:30 Yoga
10:00 Frühstücks-Brunch
14:00 Vortrag oder Karma-Yoga (was nichts anderes als Hausarbeit bedeutet!)
16:00-17:30 Yoga
18:00 Abendessen
19:30 – 21:00 Abendmeditation und Mantra-Singen
Eine frühe Bettruhe wird empfohlen!

Ich war verwirrt. Hatten die nicht das Mittagessen vergessen? Nein, wurde ich aufgeklärt, es gab nur 2 Mahlzeiten. Das sei für diesen Tagesablauf optimal und ausreichend. Und eine frühe Bettruhe? Die hatte ich ja schon zu Hause! Also nix mit stundenlangen Gesprächen mit Sashimi bei einem Fläschchen Wein (der war ja leider auch tabu)! Am meisten Sorge bereitete mir jedoch das Mantra-Singen. Aber ich hatte zum Glück keine Zeit mehr, weiter darüber nachzudenken, denn die erste Yoga-Stunde fing an. Dann folgte das Abendessen, was durchaus essbar war, wenn auch einige gewöhnungsbedürftige ayurvedische Gewürze den Geschmack von Reis, Tofu und Gemüse überlagerten.
Dann war es so weit. Nach einer halben Stunde stiller Meditation – die ich als Mama nach einem Alltag voller Lärm und Stress durchaus zu schätzen weiß, zückte Swami Ananda – in einem neuem, aber ebenfalls orangenen Gewand – vorne sein Instrument. Es sah aus wie eine Mischung aus Zieharmonika und Orgel in einem Kasten – ich musste es googlen – man nennt es Harmonium. Ich nutzte die kurze Pause, um mich umzusehen. Die Wände hingen voller Fotos eines Yoga-Gurus in abenteuerlichen Verknotungs-Posen. Vorne, über einem altarähnlichen Tisch hing ein Portrait desselben Gurus. Ich schaute verstohlen die anderen Teilnehmer des Yoga-Wochenendes an – alles in allem ganz „normale“ Menschen wie wir. Und dazu noch sehr nette, wie wir in den nächsten anderthalb Tagen noch rausfinden konnten.
Dann ging es los. Wir bekamen ein Textbuch, und Swami Ananda begann zu singen, sich selbst und uns auf dem Harmonium begleitend. Er sang eine Textzeile der so genannten „Kirtans“ vor, wir sangen nach. Ich gebe zu, die ersten paar Zeilen setzte ich aus, da ich befürchtete, in hysterisches Lachen auszubrechen, sobald ich den Mund öffnete. Aber dann beschloss ich, einfach mitzusingen. Fast eine Stunde sangen wir nun fremdartige Texte wie Jaya Ganesha Pahimam, Supramanya rakshamam,Jaya sarasvati und so weiter. Die Melodien waren eigentlich ganz schön, und so schlimm, wie ich befürchtet hatte, war es gar nicht.
Dann gingen Sashimi und ich schlafen – die Anstrengungen der letzten Wochen, die gute Bergluft und der beruhigende Duft der Räucherstäbchen hatten uns tatsächlich müde gemacht.
Es wurde empfohlen, am nächsten Morgen vom Aufstehen bis nach der Meditation zu schweigen, was Sashimi und ich natürlich nicht schafften – wenn wir auch morgens um 5.30 Uhr wesentlich weniger gesprächig waren als sonst. Nach Meditation, Kirtan-Gesang und Yoga sowie schätzungsweise 57 Oooommmms gab es dann Frühstück, was sich als eine abenteuerliche Mischung aus Porridge, Salat und gewürzter Gemüsesuppe herausstellte. Außerdem vermisste ich meinen Kaffee schmerzlich – im wahrsten Sinne des Wortes, denn das Kopfweh, dass mich nun die nächsten 30 Stunden verfolgen sollte hatte ich dem Koffeinentzug zu verdanken.
Anschließend beschlossen wir, uns dem gemeinsamen Spaziergang anzuschließen, denn das traumhafte Wetter, das atemberaubende Bergpanorama und die frische Luft schienen mir optimal gegen Müdigkeit und Kopfweh zu sein und so ein netter Spaziergang mit Sashimi und ganz ohne Kids – da würden wir mal in Ruhe quatschen können. Oh wie hatte ich mich da geirrt! Nachdem wir den Spaziergang mal wieder mit 12 Ommmms und einem Kirtan begonnen hatten (die Yogis uns Yoginis dort sangen wirklich ständig – vor, nach und zwischen den Yogaübungen und sogar zu Beginn und Abschluss der Mahlzeiten!) wurden wir gebeten, schweigend zu gehen! Ich!! Schweigend!!! Hatte ich mich doch auf ein gemütliches Ratsch-Wochenende mit Sashimi gefreut, ohne dass ständig eins der Kinder an uns zerrte und ins Wort fiel! Aber kneifen ging nicht mehr, wir waren ja schon losgelaufen. Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass ich es nach einer Weile dann tatsächlich genoss! Es ist erstaunlich, was man um sich herum alles wahrnimmt, wenn man nicht mit Reden beschäftigt ist. Der Weitblick über die Berge, Vögel in hohen Tannenspitzen, Kühe und grüne Wiesen – das alles hatte einen erstaunlich beruhigenden und gleichzeitig belebenden Effekt auf mich und so machte mir selbst die schweigende Meditation am höchsten Punkt unseres Weges nichts aus.

Als wir uns 24 Stunden später auf den Heimweg machten, fühlten wir uns gelöst und entspannt – ok, bis auf den Muskelkater von vielen Stunden Yoga vielleicht. Nachdem wir uns am erstbesten Gasthaus einen großen Kaffee und ein noch größeres Stück Kuchen bestellt hatten, ließen wir das Wochenende noch einmal Revue passieren.
Mein Fazit dieses Wochenendes:
– ich hatte (außer im Kinofilm „Sommer in Orange“) noch nie so viel Orange auf einem Haufen gesehen!

– in meinem ganzen bisherigen Leben hatte ich nicht annähernd so viele Ommms gesungen wie an diesem Wochenende

– DANKE! An den Entdecker des Kaffees!

– Schweigen kann toll sein!

– Kirtan-Singen ist gar nicht so schlimm!

Und auch heute noch, viele Monate später singe ich meinen Kindern manchmal ein kurzes Jaya Ganesha vor – die finden das nämlich lustig und es hilft hervorragend gegen schlechte Laune!

Namasté und Ommmmmmm!

Manager-Moms

Heute bin ich bei der Internet-Recherche über einen Buchtitel gestolpert, der mich sofort angezogen hat: „Mutter sein macht schlau“ von Katherine Ellison. Nicht, dass ich das nicht schon gewusst hätte, aber dass es dazu ein wissenschaftliches (!) Buch basierend auf Erkenntnissen der Hirnforschung gibt, dass dazu noch von einer Mutter und Purlizter-Preisträgerin in Personalunion verfasst wurde, freut mich umso mehr! Denn wenn man als Mutter vorsichtig anmerkt, dass man als Familienmanagerin eigentlich ganz schön viel können muss, wird man leider oft milde belächelt. Bei Amazon las ich gleich näheres zu diesem Buch:

„Manager besuchen teure Seminare, um das zu lernen, was Mütter durch den Umgang mit ihren Kindern längst können. Denn das alte Klischee, dass mit dem Mutterwerden der Verstand schwinde, stimmt so nicht.“

Und auch die Pressestimmen klingen vielversprechend:

„Kompetenter, effizienter, engagierter als je zuvor: Manager und Personalchefs müssten sich nach der Lektüre dieses Buches um Mütter reißen.“ (Literaturen )

HA!!!! Meine Rede!
Das Organisationstalent einer jeden Mutter (der berufstätigen, aber auch der stay-at-home-mom) ist meiner Meinung nach auf höchstem Manager-Niveau anzusiedeln!
Vom Chief Process Management (das Familienleben als Ganzes) über On-Site-Management (Betreuung der Kinder), Facility-Management (Haushalt und Lebensmittel-Recourcenplanung), Office-Management (Job und Familien-Papierkram) und Partner-Management (schließlich will der liebe Gatte auch nicht zu kurz kommen) decken die Manager-Moms unzählige Bereiche des Top-Managements ab und müssen über Hard Skills und Soft Skills auf hohen Niveau verfügen. Und diese Fähigkeiten hängen Sie beim Betreten des Büros ja nicht mitsamt dem Mantel an die Garderobe, sondern wissen sie durchaus auch im Job einzusetzen!
Auch der Umgang mit Zeitmanagement, Strategischem Management und Qualitätsmanagement ist den Manager-Moms in Fleisch und Blut übergegangen und darüber hinaus sollten sie im Idealfall auch das Selbstmanagement nicht aus den Augen verlieren.
Das Koordinieren all dieser Tätigkeiten gleicht dem Jonglieren mit 10 Bällen und wird zusätzlich immer wieder von erschwerenden Faktoren auf die Probe gestellt – Trotzphase, Krankheiten, Traumtänzer, die den Zeitmanagement-Plan auf den Kopf stellen… all das müssen Manager-Moms bewältigen.
Ihre Kreativität wird ebenfalls ständig gefordert, wenn es darum geht, die Alltags-Planung erfolgreich und auch gegen eventuelle Schwierigkeiten aufrechtzuerhalten: Gummistiefel-Kasperletheater, sprechende Zahnbürsten, Gemüsearrangements in Gesichtsform oder spontane Geschichten als Ablenkungsmanöver – Manager-Moms müssen sich immer wieder etwas Neues einfallen lassen.
Und als wäre das noch nicht genug, bilden sich Mütter nebenher ständig weiter. Denn Kinderfragen à la „Warum gibt es viele Sterne, aber nur einen Mond?“, „Was fressen Regenwürmer?“ oder „Warum sind manche Marienkäfer schwarz und manche rot?“ verlangen nach kompetenten und zusätzlich kindgerechten Antworten!

Ich will die Kompetenz der Herren in Nadelstreifen keinesfalls in Frage stellen – auch wenn ich mir bei der Vorstellung eines Topmanagers, der gleichzeitig telefonieren, aufräumen und einen Trotzanfall Marke „Lausdirndl-Deluxe“ beschwichtigen muss ein Schmunzeln nicht verkneifen kann – aber ich finde, die Kompetenz von Müttern wird zumindest im Berufsleben einfach viel zu wenig gewürdigt.
So, genug gewettert, ich muss jetzt in ein Meeting. Dann Kindergarten, Turnen, Bücherei, Kochen, Wäsche, Zahnbürsten-Kasperletheater, Gute-Nacht-Geschichte…… ;D

Schwanger werden ist nicht schwer…

…schwanger sein dagegen sehr! Jaja, die vermeintlich schönsten 40 Wochen im Leben einer Frau… Man sollte es nicht meinen, aber ein solch natürlicher 9-Monate dauernder Ausnahmezustand birgt viele Hindernisse und Gefahren! Schlimm genug, dass man ab Auftauchen der zweiten rosafarbenen Linie auf dem Teststreifen komplett auf Alkohol und zumindest teilweise Kaffee verzichten muss. Aber wer hätte gedacht, dass auch Salami, Rohmilchkäse, Sushi, medium gebratenes Steak und Thunfisch ab sofort tabu sind? Also kurz gesagt: alles was schmeckt, ist vom Speiseplan gestrichen.

Und mit fortschreitendem Rundungszustand des Bauches kommen weitere Probleme auf einen zu: wildfremde Leute auf der Straße wollen einem an den Bauch fassen, man passt nicht mehr in die Lieblingsjeans und muss sich stattdessen in wallende Gewänder hüllen. Von hohen Absätzen mal ganz zu schweigen. Im Laufe der 40 Wochen rutscht man dank des wachsenden Bauchumfangs langsam aber stetig immer weiter von seinem Schreibtisch weg, und muss am Ende die Schriftgröße am PC auf „Rentnermodus“ umschalten, um überhaupt noch etwas erkennen zu können. Der „Untermieter“ tritt um sich, wobei es dem Baby egal ist, ob es Magen, Leber oder Blase erwischt. Auf dem Bauch schlafen kann man nicht mehr, auf dem Rücken darf man nicht mehr, und beim Lausdirndl war auch die linke Seite tabu und hatte bei Nichtbeachtung heftiges Protestgestrampel zur Folge. Blieb mir also die Wahl zwischen schlafen auf der rechten Seite oder im Sitzen. :-/
Als Sahnehäubchen obendrauf dann noch die Hormone, die einen ständig zwischen den Programmen „Heulsuse“ und „Megazicke“ hin und her zappen!

Und erst die anderen, plötzlich in Scharen auftretenden Schwangeren!
Es scheint mir, als hätte so eine Babykugel eine Art magnetische Anziehungskraft für andere werdende oder bereits gewordene Mamas. Frauen, mit denen man ansonsten noch kein Wort gewechselt hat beglücken einen plötzlich mit Details, die zumindest mir die Schamesröte ins Gesicht treiben und die ich niemals wissen wollte! Ich möchte hier ja nicht zu konkret werden, aber schwangerschaftsbedingte Wehwehchen, die von Hormonflecken im Gesicht bis zu Wasser in den Beinen reichen und leider ab und zu auch unter der Gürtellinie für Furore sorgen, müssen anscheinend unbedingt, ungefragt und detailliert mitgeteilt werden! So ein Mutterpass scheint eine Art Freibrief für die bildlichste und ausgedehnteste Beschreibung unappetitlicher Details zu sein!
Nur mit „Hormonen“ lässt sich das jedoch nicht entschuldigen, denn nach der Geburt hört das leider nicht auf! Im Gegenteil! Manche Mütter scheinen ihr Schamgefühl spätestens an der Kliniktür abgegeben zu haben. Die Geburtsberichte der Mamas strotzen nur so von blutigen Details, die mit so manchem Splatter-Film mithalten können. Ich frage mich – WER will das so genau wissen??? Und kaum sind diese Traumata durchgekaut, wird man exzessiv in Gespräche über Quantität und Qualität des Stuhlgangs der lieben Kleinen oder ähnlich weltbewegende und mehr oder vor allem weniger interessante Themen verwickelt!

Was da hilft? Eigentlich gar nichts. Mütter sind, wie sie sind. Ich versuche es mit einem freundlichen, halbwegs interessierten Lächeln im Gesicht, während ich im Kopf die Einkaufsliste notiere, ein stummes Lied trällere oder an die tollen Schuhe denke, die ich kürzlich online gesehen habe. Man kann sich sein Gegenüber im Geiste auch mit einer anderen Haarfarbe oder witzigem Vogelschnabel vorstellen oder wieder einmal Gehirn-Yoga praktizieren.
Passend dazu zum Abschluss ein Sprichwort aus Großbritannien:
Über zweierlei Dinge sollte man sich nicht ärgern:
die Dinge, die man ändern kann und die, die man nicht ändern kann.

Ein schlauer Spruch – der sollte von mir sein 😉

Wasser marsch!

Ich gebe es zu: ich war schon immer ein emotionaler Mensch. Als Kind habe ich schluchzend um Littlefoots Mama „in einem Land vor unserer Zeit“ getrauert. Als Teenager beim Club der toten Dichter während der legendären „Oh Captain mein Captain“ Schlussszene Unmengen von Taschentücher verschnieft und bei diversen Hochzeiten und tränenreichen Familienzusammenführungen bei Kai Pflaume so einige Tränen der Rührung verdrückt.
Aber seitdem ich Kinder habe – schon ab dem Moment, in dem ich diesen winzigen dunklen Fleck zum ersten Mal auf dem Ultraschallmonitor zu sehen bekam, habe ich noch näher am Wasser gebaut!
Der schlimmste Tränen-Motor sind definitiv die Hormone während der Schwangerschaft. Es ist mir peinlich, das zuzugeben, aber ja – ich habe in den letzten Wochen vor der Geburt tatsächlich Schnulleralarm geguckt. Und vor Rührung Bäche an Tränen vergossen. Wenn ein Baby im Fernsehen zu sehen war (und zwar egal ob Menschen- oder Tierkind) musste mein Mann sofort umschalten, wenn er nicht den Rest des Abends neben einer schluchzenden Kugel verbringen wollte.
Ich weiß, ich bin nicht alleine damit. Ich kenne andere Mamas, die konnten in der Schwangerschaft über angebrannten Reis Rotz und Wasser heulen oder nach einem Zeitungsbericht über ein Giraffenkind, das im Zoo nach seiner Mama gerufen hat, tagelang in Tränen aufgelöst vor sich hin schluchzen.
Und so ging es auch nach der Schwangerschaft weiter: Tränen des Glücks, als ich meine Kinder das erste Mal im Arm hielt, Tränen ohne Grund beim legendären Baby-Blues, Tränen als Ventil, wenn ich dachte vor lauter Liebe zu diesen kleinen Wunderwerken zu platzen, Tränen der Sorge, als mein wenige Wochen altes Baby hohes Fieber hatte, Tränen der Erschöpfung, wenn eins der Kleinen mal wieder nächtelang durchgeschrien hatte… Der Strom der Tränen scheint nicht abzureißen!
Auch heute noch, lange nach den Hormonen kann ich keinen Film schauen und kein Buch lesen, in dem es einem Kind schlecht geht. Ich fühle mich dann sofort hineinversetzt in diese hilflosen kleinen Wesen oder deren Eltern. Irgendwie scheint es unmöglich, diese Dinge mit Distanz und kühlem Kopf zu betrachten. Wenn es um Kinder geht, gibt es keine Objektivität, zumindest nicht bei mir. Einmal Mama, kommt man aus diesem Karussell der Gefühle nicht mehr raus.
Aber – um das Bild wieder gerade zu rücken (der Blog scheint mir gefährlich nah Richtung Wasser zu kippen): Ich habe auch seit meiner Kindheit nicht mehr so viel gelacht, wie durch und mit meinen Kindern. Man kann fast sagen, auf jede Träne kommt mindestens ein herzlicher Lacher! Und so gleicht sich am Ende doch alles wieder aus.

Trotzt dem Trotz!

Es ist ja nicht so als würde man nicht vorgewarnt. Nicht nur die Werbeindustrie greift gerne das vermeintliche Klischee von schreienden, tobenden Kleinkindern auf Supermarktfußböden auf. Man kann sie manchmal sogar live erleben. Die Mütter stehen daneben, emotional irgendwo zwischen total gelassen und mit hochrotem Gesicht den Tränen nahe. Aber dass es mich mal selber treffen könnte – diesen Gedanken habe ich immer weit von mir geschoben. Überhaupt hatte ich, bevor ich selber Kinder bekam, so einige schlaue Ideale im Kopf, was ich alles anders/besser/vorbildlich machen würde wenn ich einmal in diversen Situationen wäre. Da bin ich aber sauber eines Besseren belehrt worden! Einen größeren Unterschied zwischen Theorie und Praxis habe ich sonst nirgends erlebt. Auch ich bin manchmal heilfroh, dass es Gummibärchen, Schnuller oder Kinder-DVDs zu Bestechungs- und Beruhigungszwecken gibt! Aber bei oben erwähnten Trotzanfällen helfen leider meistens auch diese pädagogisch fragwürdigen Tricks nicht.
Ich sehe das in etwa so: Das erste Kind ist sozusagen das erzieherische Übungskind. Alles ist neu, man ist wesentlich unsicherer, ängstlicher und gegenüber dem Strom an „guten Ratschlägen“, der von allen Seiten auf einen einprasselt, noch einigermaßen aufgeschlossen. Spätestens ab dem zweiten Kind gibt man sich seine Ratschläge lieber selber. Und die basieren auf einem viel greifbareren und praktischeren Fundament: der eigenen Erfahrung!
Was aber nun die Trotzanfälle angeht, so war die Traumtänzerin eine absolut unzureichende Schulung für die Zukunft. Denn ihre Wutanfälle (während der gesamten Trotzphase!) kann ich an einer Hand abzählen. Auf solche Zahlen kommt das Lausdirndl in „guten“ Zeiten an einem einzigen Tag! Und ließ sich die Traumtänzerin noch mit Schnuller oder Gummibärchen meist schnell beruhigen, so funktioniert beim Lausdirndl rein gar nichts. Nada. Niente. Sie schreit mit einer Innbrunst, dass selbst die liebenswerteste Omi, die sich mit tröstenden Worten zu nähern „wagt“ ob dieser Lautstärke verschreckt zurückzuckt.
Das einzig Gute an der Tatsache, dass ich schon ein „Übungskind“ hatte ist meine Gelassenheit. Hätte die Traumtänzerin mit derartigen Schreianfällen aufgewartet, die gut und gerne einen dreistelligen Dezibelwert erreichen und locker auch mal eine halbe Stunde andauern können – ich hätte womöglich das Thema Einzelkind mit mehr Interesse betrachtet.
Ein weiterer Punkt, der erschwerend hinzukommt, ist die mangelnde Logik bei Kindern. Egal ob es ums Schlafen, Essen oder In-Rage-schreien geht, ich werde wohl nie dahinter kommen, welche Faktoren sich in welche Richtung auswirken. Manchmal steigt das Lausdirndl zum Beispiel freiwillig aus der Badewanne, an anderen Tagen gerät sie über das Ende der Planscherei dermaßen in Rage, dass es unmöglich ist, sie anzuziehen. So wälzt sie sich dann schreiend, unbekleidet und tropfnass auf dem Teppich, sodass sie binnen kürzester Zeit zur lebenden Fusselrolle mutiert und man sie eigentlich gleich wieder in die Wanne befördern müsste.
Das einzige, was dann hilft ist Geduld, Gelassenheit und Ruhe. Zu Trainingszwecken dieser quasi überlebenswichtigen (zumindest für die Nerven) Tugenden kann ich jedem Yoga empfehlen. Ob man dies für eine generelle Grundgelassenheit praktiziert oder gar bis zum Ende der Schreierei Atemübungen macht, stumm Mantren in sich hinein singt oder im Geiste den Sonnengruß durchexerziert – schaden kann es auf keinen Fall! In diesem Sinne – Ommmmmmmm!

Geschmacksachen

Wenn man mich nach meinem Lieblingsgericht fragte, würde mir die Antwort schwer fallen. Nicht, weil es nichts gibt, sondern weil ich mich schwerlich zwischen all den Leckereien entscheiden könnte!
Fragt man hingegen meine Große nach ihrer Leibspeise, kommt mit 90%iger Wahrscheinlichkeit “Schokolade” zur Antwort. Vielleicht auch Milchreis, Gummibärchen oder Schokomüsli. Auf jeden Fall was mit reichlich Zucker. Obwohl – das stimmt nicht ganz. Es kommt darauf an, WER sie fragt. Als der Kinderarzt bei der letzten Vorsorgeuntersuchung wissen wollte, was sie gerne esse, antwortete die Traumtänzerin im Brustton der Überzeugung: Brokkoli! Ich war sprachlos. Die junge Dame hatte bis dahin noch niemals Brokkoli probiert da sie alles, was nach Gemüse aussieht aus Prinzip verweigert. Ganz schön clever, das musste ich ihr lassen!
Fairerweise muss ich vielleicht hinzufügen, dass sie außer Süßigkeiten auch Nudeln isst. Aber nur ohne Soße – da könnte ja verstecktes Gemüse drin sein!
Die “alles-easy” Mutter würde wahrscheinlich sagen: “Du, der Justin-Pascal weiß halt total genau was er will! Das darf der total selber entscheiden.” Und Justin-Pascal würde mich frech angrinsen, seinen Rotz an der Hose der “alles-easy”-Mama abwischen und irgendeinem Kind auf dem Spielplatz seinen Kinderriegel klauen.
Die Bio-Mama würde erwidern: “Das liegt bestimmt an den vielen Geschmacksverstärkern/ Aromastoffen/ wasauchimmer. Probiere es doch mal mit Dinkel-Vollkorn-Nudeln mit Tomaten aus dem Eigenanbau!
Und Mama-Perfect? Die würde mich wahrscheinlich nur milde lächelnd anschauen und sagen “Also mein perfektes Kind LIEBT Gemüse! Schokolade und Gummibärchen gibt es bei uns zu Hause gar nicht!”
Und ich? Ich versuche, mich irgendwo dazwischen zu bewegen. Ich koche beispielsweise Nudeln mit Gemüsebolognese (aus GEKAUFTEN Tomaten!) Das Lausdirndl kann sich dann meinetwegen die Paprika rauspulen, mein Mann doppelt so viel Soße wie Nudeln auf den Teller schöpfen und die Traumtänzerin diese dafür ganz weglassen. Denn obwohl viele meinen, es am Besten zu wissen bin ich mir sicher: groß werden sie auch so!
Eine Speise gibt es aber doch, mit dem ich mich so gar nicht anfreunden kann – die neue Lieblings-Leckerei vom Lausdirndl: sie lutscht in letzter Zeit mit Vorliebe leere Schneckenhäuser, die sie im Garten findet!
Mahlzeit!